Ankunft in Malawi
Nun sitze ich wieder mit einem Laptop auf den Knien an einem Blog. Meinem zweiten Blog, denn den ersten habe ich über mein Schüler-Auslandsjahr 2020/21 in Estland gemacht.
Heute denke ich oft an die Zeit in Estland zurück, an all die schönen Erlebnisse und Erfahrungen, die ich sammeln durfte, und an all die neuen Dinge, die ich dort gesehen und gelernt habe.
Nachdem ich das Auslandsjahr gemacht hatte, wusste ich: So etwas würde ich auf jeden Fall noch einmal machen wollen! Ein fremdes Land, die Menschen und ihre Kultur kann man wirklich am besten kennenlernen, wenn man auch für eine längere Zeit dort lebt.
Die Zeit nach dem Abi, finde ich, bietet die perfekte Möglichkeit, wieder ins Ausland zu gehen. Also entschied ich mich dafür, einen Freiwilligendienst im Globalen Süden zu machen. Genauer gesagt: einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst mit „weltwärts”. Das ist ein vom BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) gefördertes Freiwilligenprogramm, an dem jährlich zwischen 3000 und 4000 junge Menschen teilnehmen. Sie haben so die Möglichkeit, Auslandserfahrungen zu sammeln, die interkulturelle Zusammenarbeit kennenzulernen und so auch in Deutschland entwicklungspolitische Verantwortung zu übernehmen.
Zwischen den etlichen möglichen Tätigkeitsbereichen und Ländern stieß ich auf ein Projekt im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit in Malawi, in Karonga, von der Entsendeorganisation Misereor. Misereor ist ein katholisches Werk für Entwicklungszusammenarbeit, welches sich auf vielfältige Weise für Menschen in Not einsetzt und dafür seit über 65 Jahren eng mit Partnerorganisationen aus Afrika, Asien und Lateinamerika zusammenarbeitet.
In Malawi unterstützt Misereor die Diözese Karonga, zu der verschiedene soziale Einrichtungen wie Schulen und Gesundheitsstationen gehören, und die ländliche Entwicklungsprogramme fördert. Die Stadt Karonga liegt im Norden des Landes, direkt am Malawi-See (der Landesgrenze zu Tansania).
Malawi, zwischen Sambia, Tansania und Mosambik
Malawi, auch „the warm heart of africa” genannt, ist ein in Deutschland wenig bekanntes Land und gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, trotzdem ist es dort sehr friedlich.
Nach dem erfolgreichen Bewerbungsprozess begannen die Vorbereitungen für den Freiwilligendienst. Fast wöchentlich saß ich bei der Reisepraxis in dem Hamburger Outdoor- Ausrüstungsladen, um mir alle nötigen Impfungen zu holen. Außerdem wurden Besorgungen gemacht: ein Rucksack, Wanderschuhe, die Reiseapotheke und, ganz wichtig: ein Moskitonetz.
Im Juli und August fanden das Vorbereitungsseminar und das Ausreiseseminar statt. Das Vorbereitungsseminar verbrachte ich mit Freiwilligen von unterschiedlichen Organisationen in Köln, dort behandelten wir Themen wie eigene Privilegien, Umgang mit Armut und Kultur-bewusste Kommunikation. Das Ausreiseseminar fand bei der Geschäftsstelle von Misereor in Aachen mit allen Freiwilligen von Misereor statt. Es ging unter anderem um Krisen- und Notfallmanagement, Safe-guarding und länderspezifische Informationen.
Es war noch etwas kniffelig, das Visum für Malawi zu besorgen und Termine zu koordinieren (Tropentauglichkeits-Check, Zahnärztin, Malariaprophylaxe-Bestellung), schließlich wollte ich im August und September mit meinem Freund Interrail machen und noch eine Weile in Südfrankreich und in Spanien sein.
Danach wurde es Zeit, mich auf die Abreise einzustellen und Stück für Stück von meinen Freunden Abschied zu nehmen. Die letzten Tage in Deutschland verbrachte ich damit, zu packen und die Zeit mit Freunden und meiner Familie zu genießen.
Am 17.09. war es dann so weit: endgültig „Tschüss” sagen und einander zu umarmen. Der Abschied am Flughafen, bevor es in den Flieger ging, war sehr emotional.
Zehn Monate alleine in einem fremden Land zu sein, so weit weg von meinem Zuhause und den Leuten die mir wichtig sind - das ist schon eine große Herausforderung.
Ganz alleine bin ich aber zum Glück nicht, bei Misereor macht man den Freiwilligendienst immer in Zweier-Teams.
Deswegen reise ich zusammen mit Mirjam aus Hannover. Gemeinsam fliegen wir von Hamburg nach Frankfurt, von Frankfurt nach Addis Abeba in Äthiopien und von da aus weiter nach Lilongwe, das ist die Hauptstadt von Malawi. Nach 19 Stunden Reise stehen wir am Flughafen von Lilongwe und werden von einem Mitarbeiter der Diözese willkommen geheißen.
Es ist Mittag, die Sonne scheint und es sind über 30°C. Wir fahren Richtung Norden bis nach Mzuzu, das ist eine Stadt etwa auf der Hälfte der Strecke zwischen Lilongwe und Karonga. In Malawi herrscht übrigens Linksverkehr, das ist ganz ungewohnt für mich.
Auf der Fahrt kommen wir durch viele kleine Dörfer, vorbei an Märkten, wo wir viele Menschen sehen, die unterwegs sind. Frauen tragen Körbe auf ihren Köpfen, unzählige Menschen transportieren Säcke auf Fahrrädern. Esel, Kühe, Ziegen und Hühner laufen über die Straßen, während rechts und links alle möglichen Lebensmittel verkauft werden. Wir sehen die wunderschöne Landschaft an uns vorbeiziehen, wir sehen den roten Sand und die hohen Berge. Gegen 18 Uhr geht die Sonne unter und ganz schnell wird es stockdunkel. Dann erreichen wir Mzuzu, wo wir in einem Hostel unsere erste Nacht in Malawi verbringen.
Am nächsten Morgen geht es weiter nach Karonga. Wir sehen den Malawi-See, der wie ein Meer wirkt, so groß ist er. Viele Paviane kreuzen unseren Weg. Mittags ist es dann soweit, endlich sind wir in Karonga, dem Ort wo wir die nächsten zehn Monate leben werden. Ganz herzlich werden wir von Father Bernard empfangen, er ist der Chef von Lusubilo. Lusubilo heißt auf der Landessprache „Hoffnung” und ist ein Community Care Center, eine katholische Wohltätigkeitsorganisation der Diözese Karonga.
Die Organisation wurde 1997 von Sister Beatrice ins Leben gerufen. Sie begann damit, Waisenkindern aus Karonga ein sicheres Zuhause, Essen und Bildung zu bieten. Heute ist die Arbeit mit den Waisenkindern immer noch das Kernprojekt, jedoch hat sich Lusubilo immer weiter ausgebreitet und widmet sich jetzt zusätzlich anderen sozialen, aber auch nachhaltigen Projekten. In den nächsten Tagen und Wochen werden wir die Organisation und ihre Tätigkeitsbereiche näher kennenlernen und können uns dann aussuchen, in welchem Bereich wir arbeiten wollen.
Unsere Unterkunft
Die ersten Tage verbringen wir damit, erst einmal anzukommen. Wir richten unser Haus ein, das auf dem Gelände von Lusubilo steht und in dem Mirjam und ich zusammen leben. Wir lernen die Kinder kennen, die in dem „children’s village” von Lusubilo leben. Wir spielen mit ihnen Fußball, Basketball und Klatschspiele, wir singen, turnen und tanzen. Außerdem besuchen wir öfters den Kindergarten, der auch auf dem Gelände ist. Mit der Zeit werden wir mit immer mehr Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von Lusubilo bekannt gemacht, und auch mit unser Mentorin treffen wir uns.
Bis jetzt ist jeder neue Tag aufregend und ich glaube, langweilig wird uns hier auf keinen Fall. Ich freue mich sehr auf die nächste Zeit, besonders darauf, mehr von den Projekten und der Stadt kennenzulernen und sich hier immer mehr einzuleben.