Winterzeit - Talvine aeg

Mit Silvester und Neujahr ging hier allmählich die Weihnachtszeit zu Ende, doch der estnische Winter fing erst richtig an. Anfang des Jahres wurde in Rakvere ein großes Feuer zum Verbrennen der Weihnachtsbäume veranstaltet. Dazu wurde Akkordeonmusik gespielt und Familien in bunten Trachten tanzten um das helle Feuer herum. Die Stimmung dabei war großartig!

Feuer in Rakvere

Seit Weihnachten hat es geschneit und gefroren ohne Ende, die Landschaft ist mit dickem Schnee bedeckt - es sieht fast so aus wie im Bilderbuch. Wenn ich aus meinem Fenster nach draußen schaue, kann ich verschneite Tannen und viele, dicke Eiszapfen sehen, die von dem Dach der Veranda herunterhängen.
An diesen Ausblick habe ich mich schon richtig gewöhnt, genauso wie an die kalten Temperaturen, die der Winter so mit sich bringt. Meistens haben wir hier minus zehn bis minus 20 Grad. Die kälteste Temperatur, die ich hier erlebt habe, war minus 30 Grad an einem eisig kaltem Morgen vor ein paar Tagen, brrr! Am Anfang war mir schon sehr kalt, aber mit der Zeit habe ich mich an diese Minusgrade gewöhnt, und mittlerweile kommt es mir auch gar nicht mehr so kalt vor.

Ausblick aus meinem Fenster

So wie der Großteil der Esten bin ich sehr glücklich, dass der Winter dieses Jahr ein richtiger Winter ist: mit ganz viel Schnee, Eis und Kälte. Letztes Jahr soll es gar nicht richtig geschneit haben, was, wie mir erzählt wurde, sehr enttäuschend war. Umso schöner, dass es jetzt anders ist, und ich rundum Estlands schöne, winterliche Natur genießen kann und etwa auch Wintersport wie Skifahren ausprobieren kann. In meiner Klasse sind wir schon einmal im Sportunterricht Schlittschuhlaufen gewesen.

Am meisten genieße ich meine Spaziergänge durch die verschneiten Felder und Wälder und in die Nachbardörfchen. Gerade, als noch keine Schule war und wir Winterferien hatten, oder als meine Klasse und ich mal in Quarantäne waren und ich zu Hause bleiben musste, habe ich immer viele Spaziergänge gemacht. So konnte ich mich ein bisschen bewegen und die hellen Stunden des Tages gut nutzen, wunderschön!
Wenn ich Schule habe und bis zum Abend unterwegs bin, bekomme ich normalerweise nicht viel von dem blauen Himmel und dem Sonnenschein mit – und das ist ja eigentlich schon schade.
Unterwegs in der Natur sehe ich des öfteren Rehfamilien durch den tiefen Schnee stapfen oder entdecke Spuren von Wildschweinen und Hasen, die die Feldwege gequert haben. Den Wölfen und Bären, die nebenan im Wald leben sollen, bin ich aber zum Glück noch nicht begegnet.

Winterlandschaft in unserem Dorf

Nach langen kalten Tagen gibt es nichts Schöneres, als durchgefroren nach Hause zu kommen und sich erst einmal mit einem heißen Tee aufzuwärmen - und dann eine Runde in der Sauna zu sitzen und zu schwitzen! Das ist nicht nur entspannend, sondern natürlich auch sehr gesund und sorgt dafür, dass man nicht krank wird. Sollte man sich dann doch nicht so rundum wohlig-gut fühlen, gibt es Butterbrot mit ganz viel Knoblauch, dass hilft, so sagt meine Gastfamilie, immer.

Unsere Sauna

Ich darf auch den Luxus genießen, einen Teil des Kamins in meinem Zimmer zu haben. Dann kann ich mir es abends an den warmen Kacheln mit einem Buch gemütlich machen. Unsere Sauna befindet sich im Keller des Hauses, genau unter meinem Zimmer, also ist es bei mir auch immer kuschelig warm, wenn die Sauna an ist. So wie die Sauna wird auch das ganze Haus mit selbst gefälltem Holz geheizt. Wie das Heizen funktioniert, hat mir mein Gastvater gezeigt. Ich war auch einige Male im Wald mit dabei, als die ganze Familie dort zusammen Feuerholz gemacht und geholt hat. Dabei wurde mir auch schon tüchtig warm!

Bis jetzt habe ich schon so viel erlebt, den Winter gut genutzt und freue mich sehr auf die nächste Zeit, besonders die nächsten Wochen, wenn es weiterhin so schön kalt bleibt und wir noch mehr Ski-, Schlittschuh- und Schlitten fahren und tolle Ausflüge machen können.

Auch der winterliche Sternenhimmel ist übrigens beeindruckend. Da es immer noch recht früh dunkel wird, jetzt so gegen halb sechs, braucht man gar nicht lange warten, bis die ersten Sterne funkeln und der Himmel in sternklaren Nächten von Sternen übersät ist.
Mein Gastvater hat uns neulich draußen, als es sehr kalt war, ein eindrucksvolles Experiment vorgeführt: Er hatte einen Kochtopf kochenden Wassers und schleuderte die Flüssigkeit nach oben, und dann gab‘s sozusagen ein Feuerwerk zu sehen und zu hören! Es bildete sich eine große Schnee-Staub-Wolke, aus der dann Eiskristalle als Hagelkörnchen zu Boden fielen. Das kochende Wasser verdampfte nämlich in der eisigen Luft, es kondensierte und die winzigen Wassermoleküle gefroren zu Eis.
Echt klasse, anschauliche Physik!

Liv Marit - go est...

Liv Marit - go est...

Mein Name ist Liv Marit
und ich verblogge hier alles rund um mein Austauschjahr in Estland.